Biwer: "Stalking-Opfer müssen besser gestellt werden"

Bianca Biwer - Bundesgeschäftsführerin

WEISSER RING begrüßt Bundesratsinitiative zum Schutz von Nachstellungsopfern Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität, der WEISSE RING, begrüßt die Bundesratsinitiative von Bayern, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern zur Überarbeitung des Stalking-Paragrafen im Strafgesetzbuch. Die Bundesgeschäftsführerin des Vereins, Bianca Biwer, sagt: „Künftig muss es ausreichen, dass die Belästigungen des Stalkers geeignet sind, die Lebensgestaltung des Opfers zu beeinträchtigen, um strafrechtlich gegen den Täter vorzugehen.“

Nach aktueller Rechtslage müssen Stalking-Opfer nachweisen, dass ihre Lebensgestaltung tatsächlich schwerwiegend beeinträchtigt wurde durch die Nachstellungen des Täters, bevor sie sich mit Aussicht auf Erfolg rechtlich zur Wehr setzen können. Nach den Worten von Biwer würden die zuständigen Gerichte in der Regel nur einen Umzug oder Wechsel des Arbeitsplatzes als Nachweis anerkennen. „Derzeit hängt die Strafbarkeit von Stalking also nicht von der tatsächlichen Beeinträchtigung des Opfers ab, sondern allein davon, wie das Opfer ihr zu entgehen versucht“, erklärt Biwer. Schutzlos blieben Stalking-Opfer, die den Drohungen und Nachstellungen des Täters nicht nachgeben und ihre Lebensgestaltung unverändert lassen. Schwierig sei zudem die Lage für ökonomisch und sozial Benachteiligte, die sich einen Arbeitsplatz- oder Wohnungswechsel nicht leisten könnten. Nach den Worten der Bundesgeschäftsführerin litten auch Kinder aus ehemaligen Partnerschaften, die bei fortbestehendem Umgangsrecht des Täters in bedrohliche Szenarien einbezogen werden, unter der derzeitigen Rechtslage. „Es ist ein unerträglicher Zustand, dass Stalking-Opfer erst strafrechtliche Unterstützung erhalten, wenn sie ihr Alltagsverhalten drastisch ändern“, unterstreicht Biwer. Vonnöten sei eine möglichst rasche Reform des Stalking-Paragrafen durch den Gesetzgeber. Die Bundesgeschäftsführerin fordert den Gesetzgeber zudem auf, Stalking in den Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) aufzunehmen: „Stalking ist psychische Gewalt und führt oft zu schweren seelischen Belastungen und Erkrankungen. Wir treten daher dafür ein, dass der Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes auf Fälle psychischer Gewalt erweitert wird.“ Anspruch auf OEG-Leistungen hat bisher nur, wer infolge eines vorsätzlichen und rechtswidrigen Angriffs einen gesundheitlichen Schaden erleidet. Grundsätzlich haben Gewaltopfer auch Ansprüche aus der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Pflegeversicherung. „Diese Ansprüche sind aber nicht gleichwertig mit den Leistungen aus dem OEG, denn sie sind nur auf die Absicherung des Existenzminimums beschränkt. Das ist gleichbedeutend mit Sozialhilfe“, erklärt Biwer. Dagegen sichere das OEG durch Straftaten gesundheitlich Geschädigte deutlich weitergehend ab.