„Die Anonymität am Telefon ist ein wichtiger Punkt, da es dem Anrufer leichter fällt, über seine Probleme zu sprechen."

Dieter Kreusel, Berater am Opfer-Telefon


 

Opferhilfe ist ein sehr herausforderndes Thema. Warum haben Sie sich für dieses Ehrenamt entschieden?

Nachdem ich mich aus dem Arbeitsleben zurückgezogen habe, wollte ich ehrenamtlich tätig werden. Bei der Suche nach einer für mich interessanten Tätigkeit habe ich eine Anzeige vom WEISSEN RING gelesen, in der Berater für das Opfertelefon gesucht wurden. Die Aufgabe als Berater hat mich angesprochen und nach den ersten Informationsveranstaltungen war ich überzeugt davon, dass es die richtige Tätigkeit für mich ist.

Was ist die größte Herausforderung bei der Arbeit am Opfer-Telefon?

Menschen rufen aus unterschiedlichsten Gründen an: Sie sind Opfer einer Straftat geworden, sie stehen unter einer großen psychischen Belastung. Für alle diese Menschen versuchen wir eine Lösung zu finden. Das kann die Vermittlung an eine Außenstelle vom WEISSEN RING sein oder an eine andere Beratungsstelle im Hilfenetzwerk, wie zum Beispiel einem Sozialpsychiatrischen Dienst.

Welche Schwierigkeiten kann es bei Ihren Telefonaten konkret geben?

Die Menschen stehen in der Regel unter emotionalem Stress, wenn sie bei uns anrufen. Es ist für sie eine Ausnahmesituation, Opfer einer Straftat zu sein. Es ist wichtig die Menschen von dieser emotionalen Ebene abzuholen und in eine konstruktivere Ebene zu bringen. Das ist nicht immer einfach, da einem Kommunikationsmittel wie Körpersprache und Mimik am Telefon fehlen.

Sie hören von Anrufern oftmals schlimme Dinge. Wie gehen Sie damit um?

Zum Schutz der Opfer können wir nicht mit anderen über das Gehörte reden. Das heißt, jeder Berater muss einen eigenen Weg finden damit umzugehen. Ich persönlich beschäftige mich nach meinem jeweiligen Dienst mit einem ganz anderen Thema, damit mir die Fälle nicht zu nahe gehen. Weiterhin steht uns Beratern eine regelmäßige Supervision zur Verfügung, in der wir über Fälle sprechen können, die uns belasten.

Was macht für Sie das Opfer-Telefon aus?

Das Opfer-Telefon bietet Menschen, die von einer Straftat betroffen sind, einen ersten Schritt zur Hilfe. Für die meisten ist die Situation als Opfer neu und verstörend. Sie wissen nicht welche Hilfe es gibt und welche eigenen Schritte sie unternehmen können, um mit ihrer jeweiligen Situation besser klar zukommen.
Hier helfen wir, indem wir zuhören, Ratschläge geben wie sie mit ihrer Situation umgehen können und Beratungsstellen nennen, um weitergehende Hilfen zu bekommen.
Die Anonymität am Telefon ist dabei ein wichtiger Punkt, da es dem Anrufer leichter fällt, über seine Probleme zu sprechen.