Häusliche Gewalt: kein Kavaliersdelikt

Unter "häuslicher Gewalt" wird im Allgemeinen die Gewaltanwendung in Ehe- und Partnerbeziehungen verstanden. Ganz überwiegend handelt es sich dabei um Gewalthandlungen von Männern gegenüber Frauen, die sich innerhalb des – oft auch räumlich aufzufassenden – engsten sozialen Beziehungskreises der Frau ereignen. Häusliche Gewalt hat vielfältige Erscheinungsformen: von subtilen Formen der Gewaltausübung durch Verhaltensweisen, die Bedürfnisse und Befindlichkeiten der Geschädigten ignorieren, über Demütigungen, Beleidigungen und Einschüchterungen sowie psychischen, physischen und sexuellen Misshandlungen bis hin zu Vergewaltigungen und Tötungen.

 Opfer häuslicher Gewalt empfinden ihre Situation in der Regel als ausweglos:

  • ■ Wo sie Geborgenheit erwarten, erleben sie Gewalt; denn der Täter ist oder war ein geliebter Mensch.
  • ■ Bedrohung, Isolation und Kontrolle durch den gewalttätigen Partner verunsichern und erschüttern das Selbstwertgefühl.
  • ■ Häufig sind Kinder betroffen; deshalb geht mit allen Folgeentscheidungen häufig die Sorge einher, den Kindern "einen Elternteil wegzunehmen", falls man sich zur Trennung entschließt.
  • ■ Oftmals bestehen finanzielle Abhängigkeiten zwischen Opfer und Täter, was den Schritt zur Trennung erschwert.

In der Vergangenheit wurde häusliche Gewalt in der Öffentlichkeit stark tabuisiert oder verharmlost. Die Polizei wurde vielfach in erster Linie als Schlichter in so genannten "Familienstreitigkeiten" tätig, ohne dass die Partnergewalt damit langfristig verringert werden konnte. Denn bei Gewalt in Beziehungen handelt es sich nicht um "Streitigkeiten" oder "Ruhestörungen", sondern um Gewalttaten, die fast ausschließlich von Männern an Frauen begangen werden. Zumindest indirekt können auch Kinder Opfer dieser Gewalt werden. Kinder, die in ihrer Familie Gewalt als Konfliktlösungsmuster kennen gelernt, Gewalt selbst erfahren oder beobachtet haben, neigen dazu, später selbst gewalttätig zu sein beziehungsweise später selbst Opfer von Partnergewalt zu werden. Schon um diesen so genannten "Kreislauf der Gewalt" zu durchbrechen, muss die häusliche Gewalt verhindert bzw. umgehend gestoppt werden! Häusliche Gewalt ist strafbare Gewalt Bei akuten Gewalthandlungen hat die Polizei die Möglichkeit, folgende Maßnahmen zu treffen:

  • ■ den Täter/die Täterin für eine bestimmte Zeit aus der Wohnung zu verweisen (Platzverweis / Wegweisung),
  • ■ den Täter / die Täterin in Gewahrsam zu nehmen (Ingewahrsamnahme),
  • ■ ein Kontaktverbot und andere Maßnahmen zum Schutz des Opfers anzuordnen

Was ist ein Platzverweis / eine Wegweisung? Der Täter/die Täterin muss auf Anordnung der Polizei die Wohnung verlassen. Die Rückkehr wird ihm/ihr für eine bestimmte Zeit (mehrere Tage oder Wochen) untersagt. Die Polizei muss in jedem Einzelfall prüfen, wie sich der Täter weiterhin verhalten wird (Gefahrenprognose). Nur wenn weitere Gewalttaten unmittelbar bevorstehen oder damit in allernächster Zeit gerechnet werden muss, darf ein Platzverweis / eine Wegweisung ausgesprochen werden. Für die Dauer des Platzverweises / der Wegweisung muss der Täter / die Täterin selbst und auf eigene Kosten für die Unterkunft Sorge tragen. Seine / ihre Haus- und Wohnungsschlüssel werden durch die Polizei sichergestellt und verwahrt. Was ist eine Ingewahrsamnahme? Bei der Ingewahrsamnahme wird dem Täter / der Täterin vorübergehend durch die Polizei die Freiheit entzogen, indem er/sie zur Polizeidienststelle mitgenommen und bis zum Ende der Gefahrensituation festgehalten wird. Dies kommt in Betracht, wenn der Täter / die Täterin nicht bereit ist, den polizeilichen Platzverweis / die Wegweisung zu befolgen oder es aus Sicht der Polizeibeamtinnen / Polizeibeamten vor Ort erforderlich ist. Das kommt beispielsweise bei einer erheblichen Gefährdung des Opfers in Frage, wenn der Täter / die Täterin unter Alkohol- oder Drogeneinfluss steht oder gewalttätig ist. Was ist ein Kontaktverbot? Um eine weitere Gefährdung des Opfers zu vermeiden, kann die Polizei dem Täter / der Täterin die weitere Kontaktaufnahme mit dem Opfer und evtl. gefährdeten Kindern untersagen. Dies gilt für persönliche, aber auch für jegliche sonstige Kontaktaufnahme (zum Beispiel telefonisch, per Post, per E-Mail ...). Was können Sie tun? Sie können die Häusliche Gewalt bei jeder Polizeidienststelle anzeigen bzw. über die Telefonnummer 110 einen Streifenwagen rufen. Auch Außenstehende können durch ihr Handeln den Betroffenen helfen. Schauen Sie nicht weg, sondern werden Sie aktiv: in Ihrer Familie, Ihrer Nachbarschaft, in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis. Häusliche Gewalt ist kein Kavaliersdelikt und keine Privatangelegenheit! Je mehr Informationen die Polizei schon vor ihrem Eintreffen am Tatort hat, je genauer die Angaben sind, die Sie machen können, umso besser können sich die Beamtinnen und Beamten auf die zu erwartende Situation einstellen. Deshalb wird bereits bei der Notrufannahme versucht, möglichst viel über die Situation und die Beteiligten zu erfahren. Insbesondere Informationen zu Waffen, Verletzungen, anwesenden Personen (etwa Kindern), zu Alkoholisierung und Drogenkonsum sind von Interesse. Wenn Sie sich noch nicht für eine Einschaltung der Polizei entschließen können, wenden Sie sich an eine Person Ihres Vertrauens oder lassen Sie sich beraten - aber handeln Sie!

  • ■ Notieren Sie sich Einzelheiten der Vorfälle.
  • ■ Suchen Sie einen Arzt auf und nennen Sie ihm den Verursacher Ihrer Verletzungen.
  • ■ Fotografieren Sie die Verletzungen.
  • ■ Setzen Sie sich mit einer Beratungsstelle in Verbindung.

Bedenken Sie, dass ohne eine Anzeige die Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz im Einzelfall möglicherweise versagt werden können. Sie erhalten Rat und Hilfe bei:

  • ■ der Opferschutzorganisation WEISSER RING
  • ■ den Notrufen für Frauen
  • ■ den Frauenhäusern
  • ■ den Ehe- und Familienberatungsstellen
  • ■ den Gleichstellungsstellen der Landratsämter und Kommunen
  • ■ den Rechtsantragsstellen der Gerichte
  • ■ den Rechtsberatungsstellen
  • ■ Pro Familia
  • ■ den Opferschutzbeauftragten der Polizei (existieren jedoch nicht in jedem Bundesland)
  • ■ den Ämtern für Versorgung und Familienförderung (bei diesen Ämtern wurden Sonderbetreuerinnen und Sonderbetreuer eingesetzt, die speziell für die Beratung von Opfern von Gewalt geschult sind.)
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