Digitale Gewalt
Sexuelles & Intimes
Hemmungslos schamlos
Der Name Claire23 hat sich fest in Matteo M.* Kopf eingebrannt. Die junge Frau mit den dunklen lockigen Haaren hatte ihn auf einer Social Media Plattform angeschrieben und fand sein Lachen auf dem Profilbild so sympathisch. Der Student fühlte sich geschmeichelt. Schnell wurde die Kommunikation anzüglicher und sie begann, ihm Nacktaufnahmen von sich zu schicken. Nur kurz danach wechselten sie zur Video-Telefonie und auch Matteo M. begann, sich nackt vor der Webkamera zu zeigen. Und phantasierte von mehr. Dann endete es abrupt. Claire23 schrieb: „2.000 Euro und die Aufnahme bleibt unter uns. Ansonsten schicke ich sie an deine Familie und Freunde“. Matteo M. ist trotz übergroßer Scham nicht auf die Forderung eingegangen. Stattdessen hat er sich an das Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS gewandt und Unterstützung erhalten.
Sextortion: Erpressung mit sexuellen Aufnahmen
Diese Art der Erpressung geht unter die Gürtellinie, größtenteils Männer fallen ihr zum Opfer. Laut BSI gehört Sextortion zu den Top-3-Bedrohungen im Jahr 2023*. Der Begriff ist eine Wortkreation aus den
englischen Begriffen sex und extortion, was für Erpressung steht. Es beginnt meist damit, dass der Betroffene eine fremde Person über die sozialen Medien wie Facebook, Snapchat oder Instagram kennenlernt.
Man kommt locker ins Gespräch und das fremde Gegenüber signalisiert Interesse, mit eindeutigen Sprüchen und reizvollen Fotos. Die Betrüger treiben es soweit, dass sie ihr Opfer dazu bringen, sich mit der eigenen Webcam nackt zu fotografieren, ebenfalls anzügliche Posen einzunehmen und sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Am Ende steht die Drohung, die Aufnahmen im Netz zu veröffentlichen bzw. an Freunde und Familie zu schicken oder eine Geldsumme zu zahlen. Meist wird erst eine kleinere dreistellige Summe gefordert. Wird diese bezahlt, fordern die Täter mehr.
* Lage der IT Sicherheit in Deutschland 2023 im Überblick, BSI
Radio-Beitrag mit dem WEISSEN RING zum Thema
Dickpics: Eklig und strafbar
Einfach unangenehm anzuschauen, für viele eklig und vor allem übergriffig. Die Rede ist von Penisbildern,
die immer häufiger und unaufgefordert an Frauen und auch an Männer geschickt werden. Dickpics ist eine Wortkreation, aus dem englischen Wort dick für Schwanz und pic als Abkürzung für Picture, und werden zu bildbasierter Gewalt gezählt. Ob als Direkt-Nachricht oder im Chatverlauf: die meisten Betroffenen fühlen sich von den männlichen Genitalbildern belästigt oder verängstigt. Auch Vulvabilder sind im Umlauf. Solche Aufnahmen zu verschicken, ist strafbar und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet werden.
Deepnudes: Ungewollt zur Pornodarstellerin gemacht
Die KI-Software dafür ist für jeden zugänglich und einfach zu bedienen. Ein einziges alltägliches Foto bzw. eine harmlose Videosequenz genügt und die spezialisierte KI kann Nacktfotos oder einen Porno daraus generieren. Rasend schnell verbreiten sich diese gefälschten Nacktaufnahmen im Netz, die fast täuschend echt aussehen und sich nur schwer wieder löschen lassen. Hauptbetroffene sind auch hier Frauen. Deepnudes leitet sich vom englischen Wort deepfakes ab und nude steht für nackt – gefälschte Nacktaufnahmen, KI-generiert.
So schützen Sie sich vor bildbasierter Gewalt
- Benutzen Sie ein Profilbild, auf dem Sie nur schwer zu erkennen sind, oder keines, wenn es geht. Auch ein geschlechtsneutraler Accountname oder ein Phantasiename ist hilfreich.
- Privatsphäre-Einstellungen checken: Definieren Sie einen möglichst kleinen Personenkreis, der Sie über Social-Media-Plattformen oder Messenger-Dienste anschreiben darf.
- Lassen Sie sich nicht auf Chats mit Unbekannten ein und überprüfen Sie das Profil des „Betrügers“.
- Gehen Sie zur Polizei und erstatten Sie Anzeigen, auch wenn es Ihnen unangenehm ist.
Rachepornos: Eine nachträgliche Demütigung
Eigentlich waren sie nicht für die Augen der Öffentlichkeit gedacht. Die Rede ist von intimen Aufnahmen und auch Fotos, die in einer Partnerschaft entstanden sind. Rachepornos, englisch von revenge porn, werden vom frustrierten Ex-Partner bzw. der Ex-Partnerin nach einer Trennung im Internet auf speziellen Rachepornoseiten veröffentlicht und zeigen den Betroffenen nackt oder während sexueller Handlungen. Meist sind Frauen die zur Schau Gestellten. Von der Veröffentlichung der Videos und Fotos wissen die Opfer entweder nichts oder es wird gegen ihren Willen gemacht. Als wäre es nicht schon schlimm genug: Oft werden unter den Videos der echte Name, persönliche Daten oder das Social Media Profil der betroffenen Frau mitveröffentlicht. Die Folgen für die Abgebildeten sind nachhaltig und können massive Auswirkungen
auf das Ansehen, den Arbeitsplatz und das eigene Umfeld haben. Auch schädigt es die psychische Gesundheit.
So schützen Sie sich vor Rachepornos und Deepnudes
- Achten Sie besonders auf den Schutz von sensiblen Daten, zu denen intime Aufnahmen gehören. Geben Sie solche Dateien nicht allzu sorglos weiter.
- Seit 2021 ist es strafbar, Rachepornos zu verschicken und wird dem Straftatbestand Cyberstalking zugeordnet. Wehren Sie sich juristisch und erstatten Sie eine Anzeige.
Cybergrooming: Perverse Anmache mit Hintergedanken
Es passiert auf beliebten Social-Media-Plattformen wie TikTok oder Snapchat, auf YouTube oder Twitch, in Videospielen oder in Chats. Ältere Personen, meist Männer, geben sich als Gleichaltrige aus und versuchen, zu Kindern und Jugendlichen Kontakt aufzunehmen, um sie sexuell zu belästigen oder zu missbrauchen. Cybergrooming beschreibt die gezielte Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen.
So schützen Sie sich vor Cybergrooming
- Aufklärung und eine gute Eltern-Kind-Beziehung sind das A und O! Sprechen Sie mit Ihrem Kind über diese Masche und wie perfide die Täter vorgehen.
- Keine Kontaktanfragen von Fremden annehmen, am besten Nicknames benutzen.
- Stärken Sie Ihr Kind darin, in unangenehmen Situationen Nein zu sagen und sich Hilfe zu holen.