„Anderen Menschen in kritischen Momenten Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, ist mir wichtig.“

Bernd Gratzfeld, Berater am Opfer-Telefon

 

Opferhilfe ist ein sehr herausforderndes Thema. Warum haben Sie sich für dieses Ehrenamt entschieden?

In meinem Leben hatte ich viel Glück: Eine tolle Familie und Freunde, die mir als Ansprechpartner in schwierigen Situationen  weiterhelfen konnten. Etwas von diesem Glück zu teilen, anderen Menschen in kritischen Momenten Hilfe zur Selbsthilfe zu geben und sie dadurch zu unterstützen, ist mir sehr wichtig.

Wie sind Sie zum Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS gekommen?

Nach der Beendigung meines Berufslebens war es mir ein Anliegen, neben meinen vielen privaten Aktivitäten auch weiterhin etwas Sinnvolles für die Gesellschaft zu machen. Da ich aber viel unterwegs bin, kam ein dauerhaftes stationäres Engagement nicht in Frage. In dieser Phase sah ich vor vier Jahren in unserer Tageszeitung einen Aufruf für das Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS. Menschen telefonisch zu beraten, sie zu unterstützen und ihnen eine erste Orientierung zu geben, war mir aus meiner früheren beruflichen Funktion als Personalmanager vertraut. Auch die Möglichkeit, bundesweit an jedem Ort – sofern nur eine Internetverbindung besteht – meine Hilfe anzubieten, passte ideal in mein Lebenskonzept.

Was haben Sie aus Ihrer Zeit beim Opfer-Telefon für sich persönlich mitgenommen?

Ich habe viel in dieser Zeit gelernt. Konkret zu erfahren, wie schnell durch eine plötzliche Straftat eine vermeintlich stabile Lebensplanung aus dem Ruder läuft; die Hilflosigkeit von Opfern zu erleben, die sich schwach fühlen oder nicht weiter wissen: Das macht nachdenklich und zeigt, auf welchem dünnen Eis wir uns alle bewegen. Am Opfer-Telefon erlebt man diese Situation besonders intensiv, da wir häufig die ersten Ansprechpartner nach der Tat sind. Deswegen ist mir meine soziale Arbeit hier auch so wichtig.