Die unterschwellige Gefahr: Hass und Hetze
Unter der Oberfläche brodelt es.
Die Sorgen der Menschen wachsen, gleichzeitig nimmt auch die Verunsicherung in der Gesellschaft zu. Auslöser sind die Zuwanderung, der Klimawandel, die Digitalisierung, die Angst vor dem Verlust des Lebensstandards, die Corona-Pandemie, um nur einige zu nennen. Diese Verunsicherung wird von Gruppen, aber auch von Einzelnen genutzt und verstärkt, um ihre eigene Unsicherheit mit der Herabsetzung anderer zu kaschieren. Indem sie gegen vermeintlich Schwächere agieren – gegen Frauen, Homosexuelle oder Migranten.
Das Fremde macht Angst und schürt Vorurteile. Während Beleidigungen im Internet bereits auf der Tagesordnung stehen, häufen sich die Übergriffe, wie der Anschlag auf die Synagoge in Halle. Immer mehr Menschen bestimmter Bevölkerungsgruppen werden zum Ziel von verbalen und physischen Attacken. Auch Einsatzkräfte wie Polizisten, Sanitäter und Feuerwehrkräfte werden angegriffen. Unter enormen Anfeindungen leiden auch Politiker und Amtsträger. Nicht nur das gesellschaftliche Klima wird rauer, auch die Verrohung und Spaltung der Gesellschaft ist deutlich spürbar.
„Dieser Hass hat uns empfindlich getroffen. Zum Glück haben wir viele Freunde und Menschen, die uns Kraft und Halt geben.“
Avishag L.
Wenn aus Vorurteilen Hass und Gewalt wird
Hass ist ein starkes Gefühl der Ablehnung und Feindschaft gegenüber einer Person, Gruppe oder Einrichtung, so beschreibt es der Duden. Er richtet sich gegen Menschen, die für den Täter fremd sind, unbekannt und nicht der eigenen Gruppe zugehörig. Die Abwertung ihrer vermeintlichen „Gegner“ ist für die Täter die einzige Chance auf eigene Aufwertung. Oft stehen dahinter Unsicherheit, die Angst vor dem Neuen und natürlich das Fehlen von Toleranz und Einfühlungsvermögen. Hassaktivitäten sind ebenso ein Ausdruck gesellschaftlicher Zustände. Hass kann gedeihen, wenn Vorurteile und Hass gegen bestimmte Gruppen gesellschaftsfähig werden.
Formen der Hass- bzw. Vorurteilskriminalität
-
Aufgrund des sozialen Status
z.B. Hass gegen Obdachlose und Wohnungslose -
Aufgrund der Berufsgruppe
z.B. Hass gegen Einsatzkräfte, Journalisten etc. -
Aufgrund der Geschlechts bzw. der sexuellen Orientierung
z.B. Hass gegen Frauen (Sexismus), Hass gegen Transsexuelle (Transphobe Gewalt), Hass gegen Schwule Lesben (Homphobe Gewalt) -
Aufgrund der politischen Einstellung / politisch motivierte Gewalt
z.B. Hass gegen Amtsträger und Politiker und politisch Andersdenkende (linksradikal /rechtsradikal) -
Aufgrund der Religion und des Glaubens
z.B. Hass gegen Muslime (Antimuslimische Gewalt), Hass gegen Juden (Antisemitische Gewalt) -
Aufgrund von Herkunft/Nationalität/Aussehen
z.B. Hass gegen Schwarze Menschen, ausländische Mitbürger, Migranten und Geflüchtete (Rassismus/Fremdenfeindlichkeit) oder Hass gegen Sinti und Roma -
Aufgrund geistiger oder körperlicher Einschränkungen
z.B. Hass gegen Menschen mit Behinderungen - Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und bildet nicht die tatsächliche Gewichtung dieser Gewaltformen ab.
Hass im Netz
Mit Hass im digitalen Raum sind abwertende, menschenverachtende Inhalte gemeint. Mithilfe von Sprache und Texten, Bildern und Videos werden andere Personen attackiert und abgewertet. Im schlimmsten Fall wird sogar zu Gewalt aufgerufen. Die aggressiven sprachlichen Angriffe zielen beispielsweise auf Merkmale wie Hautfarbe, Herkunft, Sexualität, Geschlecht oder Religion. Sie richten sich gegen einzelne Betroffene, die einer Gruppe zugeordnet werden. Der Abwertung liegt die Vorstellung zugrunde, dass eine bestimmte Gruppe weniger wert sei als eine andere.
Überall im Netz lässt sich Hass finden: in sozialen Medien wie Facebook, Twitter, Instagram, in Messengerdiensten wie WhatsApp, Telegramm, Snapchat oder auf Videoportalen wie YouTube oder Vimeo. Dasselbe gilt für Chatrooms, Foren, Blogs und nicht zu vergessen die Kommentarspalten von Online-Medien. 73 Prozent der 18- bis 24-Jährigen gaben an, Hasskommentare im Netz gesehen zu haben, so eine aktuelle Online-Studie* von 2019.
Vergiftetes Klima und die Mehrheit schweigt
Viele Nutzer im Netz schweigen zu Hass und Hetze. Dabei zieht das Schweigen immer weitere Kreise. Es beginnt damit, dass sich die Internetuser in Diskussionen zurückhalten und die eigene Meinung nicht vertreten. Am Ende ziehen sie sich von bestimmten Plattformen zurück und löschen oder deaktivieren sogar ihre Profile.
Eine Schweigespirale setzt sich in Gang. Je mehr Menschen schweigen, desto mehr tendieren ebenfalls dazu, nichts zu sagen und die Aussagen der Hass-Verbreiter zu akzeptieren. Durch das Schweigen der Vielen werden die Meinungen der Wenigen lauter. So entsteht eine verzerrte Realität mit gefühlten Mehrheiten.
Broschüre und Tippkarte zum Thema Hass und Hetze
Mit Mut gegen Hass: Zivilcourage zeigen
Das wirksamste Mittel gegen Hass und Hetze ist: Zeigen Sie Zivilcourage. Hier geht es darum, hinzuschauen und hinzuhören, nicht etwa wegzuschauen oder gar vorbeizugehen. Das betrifft den digitalen Raum genauso wie den analogen. Jeder hilft im Rahmen seiner persönlichen Möglichkeiten und handelt umsichtig, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen: mit dem Handy die Polizei rufen zum Beispiel oder beim Netzbetreiber Verstöße melden. Sich im Ernstfall mutig für andere einzusetzen, ihnen zur Seite zu stehen und sich öffentlich einzumischen, das ist gelebte Zivilcourage. Sie wird oft auch als Bürgermut oder sozialer Mut bezeichnet und kann helfen, Straftaten zu verhindern.
Video des WEISSEN RINGS zum Thema: https://youtu.be/1TwaF5slqxc
Hilfreiche Links zum Thema:
Sharepics zum Teilen auf Instagram und Facebook
Was Betroffene von Hass und Hetze tun können
- Suchen Sie sich Verbündete! Holen Sie sich Hilfe von der Familie, von Freunden oder anderen Vertrauenspersonen und gehen Sie gemeinsam dagegen vor.
- Schreiben Sie ein Gedächtnisprotokoll: Wo und wann ist was passiert? Inklusive Angreiferbeschreibung, Verletzungen, Zeugen etc.
- Dokumentieren Sie Verletzungen und Schäden. Machen Sie Fotos von verwendeten Gegenständen, wie Steine, Aufkleber. Räumen Sie die Beweise nicht weg!
- Online: Sichern Sie Beweise, indem Sie beispielsweise Screenshots von den abwertenden Inhalten machen. Ändern Sie Ihre Privatsphäre-Einstellungen.
- Online: Melden Sie Kommentare und Benutzer und blockieren Sie diese, wenn möglich.
- Online: Betroffene kontaktieren und nachfragen was der oder die Betroffene braucht.
- Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei.