Digitale Gewalt – ein weites Feld
Smartphone, Computer und Co. gehören heute fest zu unserem Leben dazu. Viele Bereiche des Alltags hat die Digitalisierung verändert, durchdrungen und beschleunigt. Die vielen positiven Aspekte des Internets haben leider auch ihre Schattenseiten. Wenn Menschen im Netz gezielt angegriffen, beleidigt, bloßgestellt, isoliert, beschimpft, erpresst und bedroht werden, geht es immer um digitale Gewalt.
Auf den folgenden Seiten wollen wir das Thema digitale Gewalt, das das aktuelle Jahresthema des WEISSEN RINGS ist, vertiefen. Wir werden Sie über Formen der digitalen Gewalt und die damit verbundenen Gefahren im Internet aufklären (Broschüre). Wir zeigen Ihnen, wie Cyberkriminelle vorgehen, welche Schwachstellen sie ausnutzen und geben Ihnen jede Menge Wissen als Rüstzeug an die Hand. Dazu gehört auch, wie Sie sich schützen können und was Sie im Ernstfall tun können, wenn Sie von digitaler Gewalt betroffen sind.
Was ist digitale Gewalt?
Der Begriff digitale Gewalt ist in Fachkreisen bereits geläufig, der breiten Öffentlichkeit eher unbekannt. Digitale Gewalt umfasst ein breites Spektrum an verschiedenen kriminellen Handlungen im Internet. Was all diese Delikte vereint, sie werden im digitalen Raum und/oder mithilfe von technischen Kommunikationsmitteln wie z.B. E-Mail oder SMS begangen und haben für die Betroffenen schwerwiegende Folgen.
Neben Datendiebstahl oder Online-Betrugsmaschen wird größtenteils Hass und Hetze unter digitaler Gewalt verstanden. Dabei gehören auch vielfältige Formen der Belästigungen wie Cyberstalking oder bildbasierte Gewalt, zu denen z.B. Rachepornos gehören, zum weiten Feld dieser digitalen Gewaltform. Ganz gleich, ob das Verbrechen im Internet oder in der realen Welt stattfindet, Straftat bleibt Straftat. Im digitalen Raum ist sie jedoch schwerwiegender, denn es ist für Kriminelle an vielen Stellen deutlich einfacher, sie zu begehen. Da das Netz nichts vergisst, bleiben die Inhalte mitunter jahrzehntelang abrufbar.
Welche Merkmale digitaler Gewalt gibt es?
Digitale Gewalt kann zu analoger werden und umgekehrt, oft finden beide Formen sogar gleichzeitig statt. Die Dynamik ist nicht zu kontrollieren. Es wird beobachtet, dass sich z.B. Partnerschaftsgewalt und sexualisierte Gewalt immer stärker digitalisieren und ihre analoge Form nicht mehr allein auftritt. So können verbale Anfeindungen im Netz zu echten Übergriffen vor der eigenen Haustür werden, wie es etwa bei Hass und Hetzedelikten der Fall sein kann. Wiederum können sich z.B. Nachstellungen beim Stalking aus der realen Welt in den digitalen Raum ausbreiten und zu Cyberstalking werden.
Folgende Merkmale von digitaler Gewalt gibt es:
- zahlreiche Gewaltformen, die teilweise ineinander übergehen und sich schwer voneinander abgrenzen lassen
- sie ist meist zeit- und ortsunabhängig, Betroffene leiden rund um die Uhr
- kann in den analogen Raum übergehen und sich sogar in körperliche und sexuelle Gewalt wandeln oder diese verstärken
- oft großes Publikum
- es ist unüberschaubar, wohin sich Inhalte im Netz verbreiten, diese Inhalte sind schwer zu löschen und schnell zu kopieren, strafbare Handlungen können sich wiederholen
Wen trifft digitale Gewalt?
Es kann prinzipiell jeden Internet-User treffen: Laut einer Studie nutzt in Deutschland 95 % der Bevölkerung das Internet. * Mehr als jeder Vierte, so zeigte eine Bürgerbefragung zur Cybersicherheit 2023**, war von Cyberkriminalität betroffen. Am häufigsten wurde der Betrug beim Onlineshopping (34%) angegeben, dann der Fremdzugriff auf einen Online-Account (28%) und das Einschleusen von Schadsoftware wie Viren oder Trojanern (25%).
Die Täter fühlen sich in der Anonymität des Internets sicher und haben eine große Distanz zum Opfer. Dadurch sinkt die Hemmschwelle, Straftaten zu begehen. Hinzu kommt: Die Täter nehmen sich im Netz als Teil einer gesellschaftlichen Mehrheit bzw. unter Gleichgesinnten wahr und handeln entsprechend ihrer Filterblase.
* ARD / ZDF Onlinestudie 2022 ** CyMon, Der Sicherheitsmonitor 2023 (BSI, ProPK)
Digitale Gewalt hat viele Ausprägungen
Ob Drohungen per Mail, unbefugte Veröffentlichungen von persönlichen Daten oder die Verbreitung von Desinformationen: Digitale Gewalt kann unterschiedlich aussehen. Welche Formen und Phänomene es gibt, zeigt folgendes Bild.
Kann man Internet lernen?
Richtigerweise müsste es Mediennutzungskompetenz heißen, denn der digitale Raum und seine Medien werden von den Internet-Usern auf vielfältige Art und Weise genutzt. Um Gefahren zu erkennen, ist es wichtig, über mögliche Risiken aufgeklärt zu sein und gerade Kinder und Jugendliche bei der Internetnutzung zu begleiten. Außerdem geht es um Kenntnisse, wie man seine Privatsphäre schützt, wie man mit persönlichen Daten verantwortungsvoll im Netz umgeht und welche technischen Einstellungen man nutzen kann.
Unsere Seiten-Empfehlungen:
- bsi-fuer-buerger.de
Die offizielle Seite, wenn es um die digitale Sicherheit in Deutschland und der Bürger geht. Von aktuellen Warnmeldungen, über zahlreiche Tipps für den digitalen Alltag bis hin zum Cybersicherheitsmonitor.
- klicksafe.de
Fit fürs Internet und den digitalen Alltag. Dieses Informationsportal richtet sich an Eltern, Lehrkräfte und Multiplikatoren, die Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, ihre Internetkompetenz auszubauen.
- polizei-beratung.de
Zu den Gefahren im Internet gibt es auch auf der offiziellen Präventionsseite der Polizei umfangreiche Informationen und viele praktische und umsetzbare Tipps, wie man sich schützen kann. Plus: ein Sicherheitskompass.
- silver-tipps.de
Digital sicher durchstarten: Alles, was man dazu braucht, findet man auf diesem Serviceportal. Es wurde eigens für ältere Onlinenutzer entwickelt und sorgt für mehr Klarheit im Umgang mit Internet, Smartphone und Co. Ein Highlight sind z. B. die kurzen Videos „Helga hilft“.
Wichtige Tipps, wie Sie sich sicher im Netz bewegen
Um sich im digitalen Raum vor potenziellen Gefahren zu schützen, müssen Sie selbst aktiv werden. Die gute Nachricht: Die Technik hilft Ihnen dabei. Mit dem Thema Sicherheit sind wir alle vertraut: Denken Sie nur an Ihre Fenster, die Sie schließen, wenn Sie das Haus verlassen. Das sollte auch für Ihr digitales Leben gelten.
Wie kann ich mich wehren?
Digitale Gewalt muss niemand hinnehmen. Ein erster wichtiger Schritt ist, die Straftat zu melden. Dafür gibt es zahlreiche Meldestellen und Beratungsangebote:
Meldestellen für digitale Gewalt und Hass und Hetze
- hateaid.org
Beratung und rechtliche Unterstützung bei digitaler Gewalt und Hass und Hetze plus Meldeformular für Online-Angriffe - hessengegenhetze.de
Meldestelle vom Hessischen Ministerium des Inneren und für Sport - meldestelle-respect.de
der Jugendstiftung Baden-Württemberg im Demokratiezentrum - bayern-gegen-hass.de
Initiative der Bayerischen Staatsregierung
Kinder- und jugendgefährdende Inhalte
- jugendschutz.net
Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet - internet-beschwerdestelle.de
Beschwerde bei jugendgefährdenden oder volksverhetzenden Inhalten im Netz – Projekt der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) e.V. und eco – Verband der Internetwirtschaft e.V.
Anlaufstellen bei Online-Betrug und Diebstahl
- bka.de
Onlinewachen der Landespolizei, hier können Online-Betrugsfälle oder Diebstahl (z. B. auf eBay Kleinanzeigen) gemeldet werden. - verbraucherzentrale.de
unter „Digitales“ findet man aktuelle Warnungen, viele Informationen, Sicherheitstipps, ein Phishing Radar und ein Fake-Shop-Finder.
Foto: istock/VioletaStoimenova
Das sollten Sie wissen: Ihre Rechte
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, auch hier gelten Regeln und Gesetze. Wenn es im World Wide Web wie im Straßenverkehr verbindliche Regeln für alle und z.B. Verkehrsschilder geben würde, wäre vieles einfacher. Aber: Rote Stoppschilder stehen auf den Datenautobahnen leider nicht. Dafür ziehen eine Reihe von Gesetzen rote Linien, die offline wie online gelten. Straftat bleibt Straftat, auch wenn sie im digitalen Raum begangen wird, und kann strafrechtlich und zivilrechtlich verfolgt werden. Online-Beweise sichern ist deshalb das A und O, um erfolgreich gegen die Täter vorzugehen. Wie Sie rechtssichere Screenshots erstellen, erfahren Sie unter hateaid.org.
Auch die Zivilgesellschaft ist beim Thema digitale Gewalt gefragt. Neben mehr Zivilcourage kann jeder aktiv werden, Anzeige erstatten oder Inhalte melden. Das hilft zum einem der Polizei, die nicht die Ressourcen hat, alle digitalen Vergehen zu sichten und zu verfolgen. Zum anderen unterstützt es auch die Betroffenen selbst. Denn sie berichten, dass ihnen bei digitaler Gewalt am meisten geholfen hat, wenn andere Solidarität zeigen und die Ungerechtigkeit bzw. die Straftat gesehen wird.