Opferrechte deutlich erweitert

Roswitha Müller-Piepenkötter, WR-Bundesvorsitzende, WEISSER RING / Carsten Costard

Bundestag beschließt 3. Opferrechtsreformgesetz

Der WEISSE RING begrüßt das vom Bundestag beschlossene 3. Opferrechtsreformgesetz. "Aus Sicht des Opferschutzes ist das Gesetz in seinen Intentionen und in den meisten Regelungen zu begrüßen", sagt Roswitha Müller-Piepenkötter, Bundesvorsitzende des WEISSEN RINGS. Die Forderungen und Vorgaben der entsprechenden EU-Opferschutzrichtlinie würden im Wesentlichen erfüllt. Wichtige Anliegen und Bedürfnisse der Opfer seien umgesetzt – insbesondere, was die Bereitstellung von Informationen zum Verfahren, den Zugang zu Hilfsmöglichkeiten und Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen betreffe. "Allerdings hätten wir uns gewünscht, dass auch Angehörige von Opfern mit in den Schutz einbezogen werden", kritisiert Müller-Piepenkötter. So gebe es zwar gesetzliche Regelungen zum angemessenen und sensiblen Umgang mit Kriminalitätsopfern während eines Verfahrens – deren Angehörige würden aber nach wie vor nicht mit einbezogen. Dabei sei auch ihr Leben durch das einem nahestehenden Menschen angetane Unrecht beeinträchtigt. Auch sie seien oft noch Jahre nach der Tat massiven Belastungen ausgesetzt und hätten im Verfahren einen dementsprechend sensiblen Umgang verdient, so die Bundesvorsitzende. Das Bundesjustizministerium hat gleichzeitig mit der Umsetzung der EU-Richtlinie die psychosoziale Prozessbegleitung auf den Weg gebracht. "Die psychosoziale Prozessbegleitung kann für Opfer mit besonderen Schutzbedürfnissen einen spezialisierten Ansprechpartner und stützende Begleitung bieten", sagt Müller-Piepenkötter. Voraussetzung sei aber, dass sie nach den Bedürfnissen eines Opfers und seinen Wünschen entsprechend von einer Person seines Vertrauens mit guter Ausbildung und in hoher Qualität durchgeführt werde. "Hier hätten wir uns deutlichere Aussagen des Gesetzgebers gewünscht", betont Müller-Piepenkötter. So fehle im Gesetz beispielsweise die Verpflichtung des Prozessbegleiters, mit allgemeinen und spezialisierten Opferhilfeorganisationen zusammenzuarbeiten. Außerdem sei Grundwissen in Psychotraumatologie für die Durchführung der Prozessbegleitung unabdingbar. Auch dies setze das Gesetz leider nicht voraus. Ein weiterer Kritikpunkt ist die im Gesetz vorgesehene Anforderung an die Qualifikation. "Wir hätten es begrüßt, die Kenntnis vom Hilfsangebot für Opfer vor Ort sowie die Verpflichtung zu regelmäßigen Fortbildungen nicht in den eigenen Verantwortungsbereich des Prozessbegleiters zu legen. Hier wären gesetzliche Verpflichtungen notwendig gewesen, wie es sie bereits für Rechtsanwälte gibt."