Resolutionen
Das „Mainzer Opferforum“ ist eine Fachtagung für Experten aus Politik, Justiz, Polizei, Verwaltung und Wissenschaft, die für Kriminalitätsopfer wichtige Themen aufgreift. Bei mehreren dieser Tagungen haben die Teilnehmer Resolutionen verabschiedet, um eine Fortentwicklung der Opferrechte in Deutschland anzuregen.
26. Mainzer Opferforum (2018)
Die Richtlinie 2012/29 /EU stellt die Mindeststandards für die Opferrechte und die Opferhilfe auf.
Die Opferrechte im Strafverfahren wurden in den letzten Jahren ausgebaut. Die Bestimmungen müssen aber auch in der Praxis angewandt werden. Hierfür sind meist Anträge erforderlich.
Wir haben ein Soziales Entschädigungsrecht, dessen Leistungen sehr gut sind. Wir haben ein Sozialleistungssystem, das eine geeignete und ausreichende psychotherapeutische Versorgung sicherstellen müsste. Wie haben gleichzeitig viele Probleme in den Verwaltungsverfahren und vor Gericht.
Wir haben ein Adhäsionsverfahren, das dem Opfer ein weiteres zivilrechtliches Verfahren ersparen kann. Auch dieses Verfahren muss bekannt sein und angewandt werden.
Opfer brauchen Anerkennung und Respekt. Sie brauchen für sie leicht auffindbare anwaltliche Vertreter, die ihre Bedürfnisse kennen, die wissen, welche Auswirkungen traumatisierende Erlebnisse haben können und die in der Kommunikation auf die jeweiligen Bedürfnisse eingehen können.
Deshalb haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 26. Opferforums die Resolution verabschiedet:
- „Opfer brauchen anwaltliche Vertreterinnen und Vertreter, die die Kenntnis ihrer Rechte mit der Kenntnis ihrer Bedürfnisse verbinden.
- Sie brauchen den Fachanwalt für Opferrechte."
25. Mainzer Opferforum (2016)
Gewalt gegen Männer in den Fokus rücken
Das 25. Opferforum fordert:
- Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten bei neuem DNA-Beweis in Schwurgerichtssachen
- Einführung eines Datenschutzheftes für personenbezogene Opferdaten, in das Einsicht nur bei höherrangigem Einsichtsinteresse gegeben wird
- Der Nebenklagevertreter muss notwendiger Verfahrensbeteiligter wie der Strafverteidiger sein.
- Die richterliche Videovernehmung im Ermittlungsverfahren mit vernehmungsersetzender Wirkung in der Hauptverhandlung soll auf alle Opfer schwerer Sexual- und Gewaltdelikte ausgeweitet werden.
- eine bundesweite Vereinbarung zwischen den Justiz- und Sozialministerien der Länder zur Sicherstellung schneller Aktenübersendung
- bessere und konkrete Informationen für die Opfer, in der Regel quartalsweise, über den Fortgang des Verwaltungsverfahrens
- Psychotherapeuten müssen in angemessener Zahl und am tatsächlichen Bedarf orientiert zugelassen werden. Der Bedarf bemisst sich an einer Wartezeit von maximal fünf Wochen auf einen Psychotherapieplatz.
- Die Ausbildung in Traumatherapie muss essentieller Bestandteil der psychotherapeutischen Ausbildung sein. Die Zahl der Traumatherapieplätze muss steigen, notfalls auch durch Bewilligung von Therapien im Kostenerstattungsverfahren. Evidenzbasierte Traumatherapien sind von den Kostenträgern anzuerkennen.
- Psychische und somatische Erkrankungen müssen hinsichtlich der Kostenübernahme der Behandlung gleichgestellt werden.
- Traumaambulanzen sind flächendeckend vertraglich von der Versorgungsverwaltung einzurichten. Verantwortlich Behandelnde müssen psychotraumatologisch qualifiziert sein.
- Aufklärung, Bewusstseinsförderung und Forschung über das Thema Gewalt gegen Männer sind dringend geboten. Flächendeckende geschlechtssensible Hilfeangebote für Männer, die Opfer von Gewalt geworden sind, sind einzurichten.
23. Mainzer Opferforum (2012)
„Sei Stark. Hol dir Hilfe!“
Die Teilnehmenden des 23. Mainzer Opferforums unterstützen diese Kampagne des WEISSEN RINGS und der Bundesärztekammer. Für Opfer von Straftaten kann es aus vielen Gründen schwierig sein, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie leiden nicht nur unter den psychischen und physischen Folgen der Tat sondern oft auch darunter, dass ihnen mit Gleichgültigkeit, Missachtung oder gar mit Vorwürfen begegnet wird.
Wichtig ist deshalb nicht nur die Weiterentwicklung der Rechte und Hilfsmöglichkeiten für Opfer. Ebenso wichtig ist es, Opfer zu informieren und ihnen Mut zu machen und sie dabei zu unterstützen, die bestehenden Hilfsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.
Bei dieser Aufgabe, die Gesellschaft und Staat gestellt ist, erfährt Deutschland Unterstützung durch die soeben in Kraft getretene Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten vom 25.10.2012. Sie enthält als zentrale Forderung die anerkennende und respektvolle Behandlung von Opfern.
22. Mainzer Opferforum (2011)
WEISSER RING fordert Trauma-Ambulanzen in ganz Deutschland
Jede erlittene Straftat, insbesondere ein Sexual- oder Gewaltdelikt, aber auch ein Wohnungseinbruch, führt beim Opfer zu psychischen Belastungen. Nichts ist mehr wie vorher. Scheu, Misstrauen und Angst beeinträchtigen das Lebensgefühl oft für lange Zeit. Opfer tragen oft bis an ihr Lebensende an den seelischen und körperlichen Folgen der Verletzungen. Diese Menschen benötigen vor allem zeitnahe und leicht erreichbare fachlich qualifizierte Versorgung. Eine in Nordrhein-Westfalen durchgeführte Evaluation der dortigen Traumaambulanzen, die allerdings Opfer von Wohnungseinbrüchen nicht erfasste, hat bestätigt, wie effektiv und hilfreich bei der Linderung des menschlichen Leids eine schnelle Unterstützung ist.
Bereits anlässlich des diesjährigen Tages der Kriminalitätsopfer hat der WEISSE RING darauf hingewiesen, wie wichtig eine kurzfristig zur Verfügung stehende fachmännische, psychotraumatologische Versorgung ist. Einige Bundesländer haben den Gedanken aufgegriffen und planen eine Verbesserung der Akutversorgung.
Dennoch fehlt noch in vielen Regionen eine Versorgung in Trauma-Ambulanzen.
Die Teilnehmer des 22. Mainzer Opferforums appellieren daher an Bund und Länder, sich ihrer Verpflichtung zu stellen und dem Beispiel der bereits vorhandenen Initiativen zu folgen. Trauma-Ambulanzen in ganz Deutschland sind schon lange überfällig, denn je früher eine medizinisch-psychologische Versorgung einsetzt, desto höher ist die Aussicht auf Erfolg.
21. Mainzer Opferforum (2010)
Ausbau der Opferentschädigung
- Sparen an Gewaltopfern ist unverantwortlich.
- Ein modernes Opferentschädigungsrecht darf nicht zu Rückschritten für Opfer führen.
- Der Rechtsfolgenverweis im Opferentschädigungsgesetz (OEG) auf das Bundesversorgungsgesetz (BVG) hat sich in jahrzehntelanger Praxis bewährt. An das BVG ist das gesamte soziale Entschädigungsrecht angedockt.
- Verbesserungen im Opferentschädigungsrecht sind gleichwohl notwendig:
- Wer Gewalt erlebt hat, muss bei Bedarf sofortige Hilfe durch fachkundige Therapeuten erhalten.
- Wichtig ist eine schnelle Leistungsgewährung, dazu gehören auch vorläufige Leistungen und Vorschusszahlungen.
- Das Opferentschädigungsrecht muss auch neue Formen von Kriminalität berücksichtigen, zum Beispiel Nachstellungen (Stalking).
- Eine auf die Bedürfnisse der Opfer abgestellte Verwaltung ist Voraussetzung für zügige Verfahrensabläufe.
- Opfer können ihre Rechte nur wahrnehmen, wenn sie ihre Rechte kennen. Informationsoffensiven sind notwendig.
20. Mainzer Opferforum (2009)
WEISSER RING fordert Opferentschädigung bei Stalking
Stalking ist ein weit verbreitetes Phänomen, das nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu erheblichen psychosozialen und gesundheitlichen Folgen bei den Opfern führt. Zu diesem Ergebnis kamen namhafte Wissenschaftler und Juristen beim 20. Opferforum des WEISSEN RINGS unter dem Motto Stalking – Wissenschaft, Gesetzgebung und Opferhilfe.
In einer Resolution fordern die Teilnehmer des 20. Opferforums den Gesetzgeber auf, den Straftatbestand des Stalkings einem tätlichen Angriff gleichzustellen, der einen Anspruch auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz auslösen kann.
Die Tagungsteilnehmer weisen zudem auf Defizite hin, wenn Kinder in das Stalkinggeschehen einbezogen sind. Für Prof. Dr. Günther Deegener, Vorsitzender des Fachbeirats Medizin/Psychologie im WEISSEN RING und den Bundesvorsitzenden der Opferschutzorganisation, Prof. Dr. Reinhard Böttcher ein weiteres zentrales Anliegen des 20. Opferforums.
Der Grundsatz „Kindeswohl geht vor Elternrecht“ wird häufig in der familienrechtlichen Praxis nicht ausreichend berücksichtigt, wenn auch dem Stalker ein umfängliches Umgangsrecht zugestanden wird. Dabei werden mögliche psychotraumatische Folgen bei den Kindern aufgrund der Instrumentalisierung durch den Stalker oft nicht bedacht.
Die Teilnehmer des 20. Opferforums plädieren nachdrücklich für eine stärkere Beachtung des Kindswohls in Forschung, Opferhilfe und juristischer Praxis.